Was ich noch sagen woll­te

Phil­Pu­bli­ca stellt vor

Titelbild: Barbara Schmitz

Bar­ba­ra Schmitz

Lehr­be­auf­trag­te an der Uni­ver­si­tät Basel und Leh­re­rin an einem Bas­ler Gym­na­si­um

Was ist Ihre erste Er­in­ne­rung an einen phi­lo­so­phi­schen Ge­dan­ken?

Als Kind stand ich oft vor einem gro­ßen, drei­ge­teil­ten Spie­gel im Schlaf­zim­mer mei­ner El­tern, der mir durch die ver­schie­de­nen Win­kel mein Bild von vorn und hin­ten in – wie mir schien – un­zäh­li­gen Bil­dern zu­rück­warf. Ich habe mich immer wie­der ge­fragt, ob ich all diese Bar­ba­ras bin und mich dar­über un­glaub­lich ge­wun­dert. Wer bin ich?

Woran ar­bei­ten Sie ge­ra­de?

Am Thema «Ver­letz­lich sein». Das be­rührt me­di­zi­n­ethi­sche Fra­gen wie Tria­ge ge­nau­so wie das Den­ken dar­über, wie ich per­sön­lich leben soll.

Wel­ches Thema erhält in der Phi­lo­so­phie zu wenig Auf­merk­sam­keit?

The­men wie (geis­ti­ge) Be­hin­de­rung, Krank­heit und Alter und wel­che Rolle sie im mensch­li­chen Leben spie­len und wir davon ler­nen kön­nen – diese The­men sind oft ein blin­der Fleck bei Phi­lo­soph*innen.

Was au­ßer­halb der Phi­lo­so­phie hat Sie am meis­ten geprägt?

Das Leben mit mei­ner Toch­ter, die mir ge­ra­de durch ihre sog. geis­ti­ge Be­hin­de­rung so viel ge­zeigt hat. Phi­lo­soph*innen haben ja einen star­ken Glau­ben an die Wich­tig­keit der Ver­nunft und dem­entspre­chend groß ist unter ihnen auch die Angst vor geis­ti­ger Be­hin­de­rung. Wie ir­re­füh­rend enge Bil­der über den Men­schen sein kön­nen, wie viel­schich­tig das ist, was wir «Den­ken und Er­ken­nen» nen­nen, und wie wich­tig es ist, dass wir uns als Phi­lo­soph*innen ge­sell­schaft­lich en­ga­gie­ren und über ethi­sche und po­li­ti­sche Fra­gen nach­den­ken – das sind nur ein paar Dinge, die ich von ihr über die Phi­lo­so­phie ge­lernt habe.

In wel­cher Um­ge­bung können Sie am bes­ten phi­lo­so­phie­ren?

Drau­ßen, in den Ber­gen, am Schreib­tisch, am Ess­tisch mit Freund*innen – und ganz früh mor­gens. Als ex­tre­me Früh­auf­ste­he­rin schrei­be ich am liebs­ten schon ab halb sechs.

Was sind die größten Irrtümer über Phi­lo­so­phie als Beruf?

Dass man damit kein Geld ver­die­nen kann, nichts ge­sell­schaft­lich bei­tra­gen kann, dass man «ein­fach nur» denkt. Phi­lo­so­phie ist eine der tolls­ten Sa­chen auf der Welt!

Warum schrei­ben Sie für die au­ßer­aka­de­mi­sche Öffentlichkeit?

Weil Phi­lo­so­phie ge­braucht wird. Weil jeder phi­lo­so­phie­ren kann. Weil man (das ist mir jetzt ein wenig pein­lich zu sagen, aber ich glau­be es trotz­dem) da­durch die Welt hof­fent­lich etwas bes­ser ma­chen kann.

Wel­che phi­lo­so­phi­sche Auf­fas­sung, von der Sie ein­mal überzeugt waren, haben Sie auf­ge­ge­ben?

Dass alle phi­lo­so­phi­schen Pro­ble­me sol­che der Spra­che sind. Das habe ich ein­mal ge­glaubt. Das ist so viel zu eng. Aber: Die Auf­lö­sung von Denk­mus­tern ist eine ganz wich­ti­ge Auf­ga­be der Phi­lo­so­phie und für viele gesellschaftlich-​ethische Fra­gen wich­tig – und das hängt dann wie­der mit Spra­che zu­sam­men.

Wel­che:n Phi­lo­soph:in hätten Sie gerne pri­vat ge­kannt und warum?

Lud­wig Witt­gen­stein. Sein Schü­ler Georg Hen­rik von Wright hat mir mal in einem In­ter­view ge­sagt, dass man im Zu­sam­men­sein mit ihm das lei­den­schaft­li­che Su­chen nach Wahr­heit spür­te. Aber, so hat er dann noch an­ge­fügt, genau des­we­gen hat er sich auch vor ihm ge­fürch­tet; er konn­te sehr harsch sein, wenn man etwas sagte, das ihm falsch er­schien. Trotz­dem: Ich wäre gern mit ihm in Nor­we­gen ge­wan­dert.

Könnten Sie je­man­den küssen, der Phi­lo­so­phen für Schwätzer hält?

Naja, beim Küs­sen kann man ja schlecht reden, aber hin­ter­her?

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